… dann kann ich auch eine Kategorie im Blog daraus machen.
Im letzten Winter hab ich mich – mit einigem Entsetzen – selbst bei dem Satz ertappt:
„Als ich in deinem Alter war …“
Ich hab mir mit Schaudern dabei zugesehen, wie ich dem Nachbarskind erklärt hab, dass Schnee um die Zeit tatsächlich mal normal war. Und dann bin ich rein und hab innerlich geweint.
‚Als ich in deinem Alter war …‘
Sowas sagen nur alte Leute!!!
Alte Leute, denen irgendwie ein bisschen langweilig ist und die den ‚Jungen‘ mal klarmachen wollen, was ‚früher‘ so los war.
*insert dieses blaue emotion mädel aus dem einen film, das heulend auf dem boden liegt*
Aber ich bin doch noch jung!, sagte sie, als sie sich mit Ischias mühsam aus dem Bett schiebt. Noch total hipp! Und cool! Und bestimmt nicht so alt, wie die Alten in meinem Alter!, insistierte sie, während sie mit der Lesebrille bewaffnet, die Pillendose studierte.
Ach ja.
Ich muss es einsehen: Ich bin alt.
Relativ betrachtet.
Als ich ein Kind war, da kamen mir 20-Jährige echt erwachsen vor. Als ich ein Teenie war, dachte ich mit 30 weiß man, wo es hingeht und hat sein Leben im Griff. Und jetzt mit 54 schrei ich ins Universum: ALLES EINE LÜGE!!!
Sollte jemand Junges das hier lesen: Die Erwachsenen tun alle nur so als ob. Schwöre. Das ist alles Lug und Trug. Keiner weiß, was er macht, wir improvisieren. (Beängstigenderweise gilt das auch für alle Menschen in Machtpositionen. Oh weh, ich weiß.)
Und dann überlege ich, wie mir als Kind die Zeit von vor dreißig Jahren vorkam. Ich bin 1970 geboren. Das wären die 40er gewesen. Das ist Geschichte. Das ist eine Vergangenheit, zu der ich gar keinen Bezug mehr haben konnte, außer sie als Geschichte zu sehen.
Weird, dass das Gleiche jetzt für Menschen gilt, die 2000 geboren sind. (Das sind doch noch Babies? Oder?? Die gehen maximal in den Kindergarten!)
1970 ist das letzte Jahrhundert. Die 80er sind eine nostalgische Periode, die wohl bisschen cool war, aber die Klamotten! Und irgendwie ist das weit, weit weg.
Nun ja, ich hab da gelebt. Für mich ist das meine Kindheit und meine Teenie-Zeit. Und ich gebe zu, wenn ich überlege, was alles passiert ist in den letzten 54 Jahren – Alter Falter. Das ist viel. Echt irre viel.
Also mach ich hier mal kleine Einblicke, wie es für mich war.
(Andere hatten andere Erfahrungen pi-pa-po … aber ist ja mein Blog.)
Heute nur ein klitzekleines History without relevance:
Eis. Also Speiseeis, Eiscreme.
Es gab exakt drei Möglichkeiten an ein Eis zu kommen, als ich ein Kind war.
Du bist ins Eiscafé gegangen.
Du hast beim Einkaufen ein Cornetto bekommen.
Das Eismännchen kam im Hochsommer (in den Ferien) durch dein Viertel.
That’s it.
Unser Kühlschrank war so groß wie der Herd. Das Gefrierfach winzig. Es gab auch gar nicht so viele TK-Produkte. Möglicherweise gab es fancy Leute, die eine echte Gefriertruhe im Keller hatten und bei irgendwelchen Haustürversanden dann Zeug bestellen konnten, bei uns war das nicht so.
Oh und die Eisdielen haben auch am Ende der Sommerferien zugemacht. Zack ab. Nix mehr.
Die sind damals alle noch nach Hause gefahren nach Italien und kamen dann im Frühjahr wieder.
Wild, oder?
Nun dann, bis zum nächsten mal bei ‚Old timey Tea … oder: Als ich in deinem Alter war.‘
Furchtbar, all diese Jungspunde, oder? Oder wie der Mann vor einiger Zeit erzählte: „DHL hat heute einen Zwölfjährigen geschickt. Dürfen die in dem Alter schon solche Nebenjobs machen?“ – „Du meinst, Nebenjobs, für die man einen FÜHRERSCHEIN braucht? Schatz, der war bestimmt schon erwachsen.“ (Guuuut, vielleicht sind „erwachsen“ und „18“ nicht das gleiche, aber ich wollte dringend seinen Gesichtsausdruck sehen, wenn ihm klar wird, dass nicht nur ich alt geworden bin. 😀 )
😀
Ja, schon. Und dann wird einem klar, wie verdammt jung man selbst mal gewesen ist und versteht das ein oder andere Schmunzeln und nachsichtige Lächeln, das man geerntet hatte.
Ich bin 72 geboren. Da gab es ein einziges Telefon im Haus. Und das hatte auch nur eine Rufnummer. Und ein Kabel. Telefonieren war also nur im Gang möglich. Erzähl das mal den Kids von heute. Das hätten die doch gar nicht überlebt. Als meine Oma noch lebte, wurde alles ein geweckt. Da standen gefühlt 100 Gläser im Kellerregal. Mirabellen und Zwetschgen vor allem. Hab ich nicht so gemocht. Und wir mussten im Garten helfen in der Erntezeit. Was hab ich das gehasst. Und heute liebe ich den Garten und finde es furchtbar traurig wenn die Kinder nicht mehr wissen, dass die Kartoffel in der Erde wächst und der Apfel am Baum. Heute muss man im Bioladen ein Vermögen zahlen für die Produkte die meine Eltern und Großeltern im eigenen Garten groß zogen. Das sehe ich heute mit ganz anderen Augen und ich schäme mich manchmal, dass ich dieses – und auch andere Sachen – als Kind nicht richtig Wert geschätzt habe. Wenn ich also mit meinem Ich ( so als Teenie ) reden könnte, würde ich sagen: Sei dankbar ! Nicht alles ist selbstverständlich. Und…die Alten haben Recht! Mit ( fast ) allem. Also hör auf sie.
Ja, ich ertappe mich auch immer öfter dabei, dass ich die Sprüche meiner Oma besser verstehe und ihnen teilweise wirklich zustimmen muss.
Und ich finde mittlerweile auch, dass etwas einfacher leben, mehr wäre.