Kleiner Disclaimer zu Beginn: Ich schreibe hier keine Rezis, schon gar keine Rezensionen (ja, da ist ein Unterschied. Rezis sind die Kundenmeinungen, die Leute bei Amazon unters Produkt hauen, eine Rezension ist eine fachliche und fundierte Analyse eines Buchs oder Films, die über ‚hat mir nicht gefallen 1 Stern!‘ oder ‚made me hot and bothered, 5 Stars!‘ weit rausgeht.)
Ich bin ein einfaches Hex. Ich seh einen Film, er gefällt mir oder eben nicht. Soo und jetzt auf zu besagtem Film.
Hier haben wir wieder das lustige Phänomen, dass der deutsche Filmtitel einfach ein anderer englischer Filmtitel ist. Auf ‚Deutsch‘ heißt das Teil ‚Blood and Sinners‘ auf Englisch nur einfach ‚Sinners‘.
Ich hab nur Gutes von diesem Film gehört im Vorfeld und wollte ihn unbedingt sehen. Der Trailer war auch geil. Dann lief er aber in den beiden homebase-nahen Kinos nicht. Letztlich sind wir 30 km weiter gefahren und haben uns dieses verdammte Meisterwerk im großartigen Broadway Kino in Landstuhl angesehen. In der Original-Fassung.
Der Film spielt in den 30er Jahren im Mississippi-Delta.
Die Sklavenhalter-Ära ist noch gar nicht lange her und die Menschen schuften nach wie vor auf Plantagen und bekommen zum Teil nicht einmal richtiges Geld sondern eine Pseudowährung, die nur innerhalb des Plantagen-Mikro-Systems einen Wert hat. (Ein geschichtliches Detail, das mir bis zu dem Punkt unbekannt war. Krasser Scheiß.)
Ab jetzt wird es spoiler-y. Falls ihr den Film noch nicht gesehen habt, müsst ihr jetzt aufhören zu lesen.
Okay, dann geht’s weiter.
Die erste Szene des Films ist ein Vorgreifen. Sammie, der Sohn des Pastors, der Blues spielt (aber nicht soll), kommt total shellshocked und blutverschmiert Zuhause an. Steigt aus dem Auto und greift den Hals seiner Gitarre, mehr ist von ihr nicht übrig, und geht in die Kirche.
Dort fleht sein Vater ihn an, dem Blues, dem Teufel usw. abzuschwören.
Zack. Der Tag zuvor.
Sammie pflückt in der Früh einen Sack Baumwolle, bringt ihn seiner Mom, sein Vater (remember der Pastor), will, dass er mit ihm den Gottesdienst abhält. Für die Kirche soll und darf er Musik spielen, aber Blues ist böse.
Ist Sammie aber egal. Er wird von seinen beiden Cousins, den Zwillingen Smoke und Stack (absolut grandiose Performance von Michael Jordan. Unfassbar gut), abgeholt, weil er in ihrem neuen Club spielen soll. Sie sammeln einen anderen Musiker ein, eine Sängerin, treffen eine alte Flamme, machen einen Deal mit einem ansässigen chinesischen Kaufleute-Ehepaar … alles Vorbereitungen für die Eröffnung des juke joint.
Bis dahin läuft alles langsam, aber nicht langweilig. Wir lernen die Charaktere kennen, wir hören Musik. Wir sehen das Leben.
Smoke und Stack sind so ein bisschen zwielichtig, sie haben in Chicago für Capone gearbeitet heißt es, sie waren wohl auch im Krieg zusammen und alles in allem sind sie Männer von Welt im Vergleich zu dem kleinen Kaff, wo sie herkommen und jetzt hin zurückkehren.
(Ich hab den Film bisher nur einmal gesehen, also verzeiht, wenn ich nicht alles in der richtigen Reihenfolge hab.)
Wir sehen als nächstes einen Mann, der halb brennend auf den Boden fällt und zu einer Hütte rennt. Dieser Kerl ist ein Vampir. Japp. Wir sind in einem Vampirfilm. Ein bisschen wie bei ‚From Dusk til Dawn‘ bekommen wir einen recht rapiden Genrewechsel.
Was ich mega fand, Choctaw Vampirjäger? Ich möchte bitte einen ganzen Film über dieser native american Van Helsings. Wie geil war die Idee denn bitte? Leider bekommen wir nur eine Szene. Die Bewohner der Hütte lassen den verdächtig angeschmorten Mann rein, weil er von den ‚bösen Injuns‘ verfolgt wird (sind halt voll die Rassisten, wie man an der KKK Uniform im Hintergrund sofort bemerkt.)
Der Anführer der Choctaw warnt die Frau, dass das sehr, sehr gefährlich sei, diesen Mann zu beherbergen. Aber das merkt sie dann auch, als ihr Ehemann in seinem Blut auf dem Boden liegt.
Smoke besucht seine Ex. Eine Rootworkerin. Verdammt hab ich diesen Teil geliebt. Annie rockt. Sie soll im Juke Joint kochen. Sie haben eine Aussprache, alte Dinge kommen hoch. Sie haben ein Kind verloren … ach, es war so … ich liebe die Charaktere.
Jedenfalls sind wir dann endlich mal im Juke Joint und es gibt Drinks und Musik. Und jetzt der springende Punkt, das hüpfende Komma, der Twist.
Ganz am Anfang des Films, noch vor der ersten Szene, bekommen wir ein kleines Voice over, dass es Musiker gibt, die die Grenzen von Raum und Zeit durchbrechen können. Und Sammie ist so einer.
Jetzt kommt ein Mega-Spoiler für eine der großartigsten Szenen ever.
Sammie spielt und der Schleier zerreißt. Die Ahnen, die Nachkommen … alles vereint sich in einer furiosen Szene bei der um alle herum auch das Juke Joint ’niederbrennt‘.
Und jetzt kommen die Vampire ins Spiel. O’Connell, der Obervampir, sieht das. Er kann diese spirituelle Energie fühlen, sehen und er begehrt sie. Denn als Vampir ist er eine gefangene Seele, die niemals hinüberwechseln kann, um seine Ahnen zu sehen, alle zu sehen, die er vermisst. Eine Bösewicht-Motivation, die man echt gut nachvollziehen kann. Vor allem, weil O’Connell alt ist. Sehr, sehr alt. Er erzählt nicht nur, dass er zum Vampir gemacht wurde, er erzählt, dass er zum Christ gemacht wurde. Die Christianisierung Irlands begann so im 4. Jahrhundert. Also endlich mal kein 150 Jahre junger Babyvampir.
Auch die Vampire spielen Musik. Vampire Dance Battle trifft From Dusk til Dawn. Sie wollen in den Juke Joint, sie wollen Sammie. Die Entwicklungen sind dramatisch, alle Besucher, die man zu ihrer Sicherheit nach Hause schicken wollte, werden in Vampire verwandelt. Es bleiben Smoke, Stack, Sammie, Annie und ein paar andere zurück. Stack wird von seiner alten Flamme gewandelt. Und aus lauter Angst um ihre Tochter lässt die Geschäftsinhaberin Grace die Vampire rein.
Aus diesem Kampf kommen nur noch Smoke und Sammie raus.
Sammie kehrt nach Hause zurück. In Smoke und Stacks Auto. Wir sind bei der Anfangsszene. Sein Vater fleht ihn an, dem Blues abzuschwören.
CUT
Wir sind in einem Club in den 90ern. Ein alter Bluesmann spielt. An den Narben im Gesicht erkennen wir, dass es Sammie ist. Er hat die Musik gewählt. Es gibt noch einen Twist, aber den verrate ich jetzt nicht, das war schon alles spoiler-y genug.
Fazit: What a hell of a movie. Den Soundtrack lasse ich hier im Moment sehr oft laufen und ich kann es überhaupt nicht abwarten, den Film als BluRay zu kaufen, um ihn so oft zu sehen, wie ich das will.
10 von 10 🧛🧛🧛🧛🧛🧛🧛🧛🧛🧛